Wie finde ich mein Talent?
„Ich hätte gern drei Pfund Talent, unterschiedliche Sorten, bitte!“
Ein himmlisches Szenario: Der Verkäufer nickt freundlich, zieht verschiedene Schubladen auf und füllt eine Tüte, eure Tüte, eure pralle Talenttüte. „Macht 19,99.“ Gerne doch. Wenn es nur so wäre! Doch so einfach ist es mit den Talenten nicht, denn wer noch keines hat, bekommt auch keines mehr. Und wer nicht weiß, dass er eins hast, findet´s manchmal auch nur schwer.
Dabei steht eine einfache Frage im Mittelpunkt der Talentsucherei: Was mach ich wirklich gern? Meistens stecken die Talente nämlich da, wo man besonders viel Spaß dran hat. Das Dumme ist nur, dass sich diese Talente oft nicht in einen handfesten Werdegang umwandeln lassen.
Schon mal was vom Dauersimser gehört, der damit ein Vermögen gemacht hat? Eben. Allerdings: Ist jemand, der ständig am telefonieren und kommunizieren, am verabreden und absagen, am chatten und simsen ist, nicht ein begnadeter Öffentlichkeitsarbeiter? Doch, und genau da könnte sein Talent stecken. Oder das Mädel aus der letzten Reihe, die im Unterricht nichts anderes hinkriegt, als ständig ihre Hefte mit Zeichnungen und Kritzeleien vollzuschmieren. Vielleicht wird aus ihr mal eine herausragende Grafikdesignerin.
Das Entscheidende ist nur, genug Phantasie zu haben, um aus einem Spleen eine Karriere zu machen. Also alle Mann, Stifte raus und abchecken: Wann schlägt meine Pumpe schneller? Beim Abrocken auf der Tanzfläche? Werde Musikproduzent. Tontechniker. Tänzer! Beim Lesen der Todesanzeigen im Lokalblatt? Werde Horrorschriftsteller. Bestatter. Oder Pastor.
Ihr seht, mit ein bisschen Glück wird aus einem schlummernden Talent eine richtige Berufung. Wer die gefunden hat, kann auch bei der nächsten himmlischen Verteilaktion getrost sagen „Lassen´se die Talente stecken, ich nehm ´n Pfund Bratenaufschnitt.“
Von Hannah Demtröder